Jean Tinguely, 1925 - 1991
Hong-Kong
Alteisen, Pfanne, Räder, Elektromotoren 110 V, alle Teile schwarz bemalt
Ernst Reinold, 1931 - Todesjahr n.b.
Kurbelwald
Edelstahl hartgelötet, Sockel: Labrador
Adolf Luther, 1912 - 1990
Rundspiegel
Gebogenes Spiegelglas und Aluminium
H 198,50 x B 121,50 x T 95,50 cm
Bereits im frühen 20. Jahrhundert beginnen Künstler:innen, Bewegung zum integralen Bestandteil des Kunstwerks zu erheben. Zeitlich parallel werden an verschiedenen Orten Werke entwickelt, durch die Bewegung nicht mehr nur dargestellt, sondern als reelle Kraft erfahrbar sein sollte. Naum Gabo und Antoine Pevsner experimentieren in Moskau mit motorisch angetriebenen geometrischen Konstruktionen; gemeinsam veröffentlichen sie 1920 das Realistische Manifest, in dem sie den Begriff der Kinetischen Kunst prägten. Marcel Duchamp entwickelt in Paris ein bewegliches Objekt, sein Readymade Roue de bicyclette (Fahrrad-Rad); László Moholy-Nagy entwirft am Dessauer Bauhaus mit dem Licht-Raum-Modulator einen „Apparat zur Demonstration von Licht- und Bewegungserscheinungen“. Es wird allerdings bis nach dem Zweiten Weltkrieg dauern, bis sich die Kinetische Kunst und damit auch reale Bewegung und Zeit als künstlerisches Material vollends etablieren. Diese Dynamisierung der Kunst entspricht dem allgemeinen Lebensgefühl des gesellschaftlichen und industriellen Aufbruchs in den 1950er-Jahren. Materialien und Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technologie fließen in die künstlerischen Prozesse ein und das Verhältnis zwischen Werk, Künstler:in und Betrachter:in wird grundlegend neu definiert: Das Publikum wird fortan nicht mehr als passiv begriffen, sondern kann sich aktiv an „offenen“ Kunstwerken beteiligen – angeregt durch Werke, die sich selbst bewegen, sich durch das Publikum bewegen lassen oder wiederum die Betrachtenden auffordern, sich zu bewegen. Lassen Sie es also krachen mit Jean Tinguely, kreiseln Sie mit Ernst Reinold, spiegeln Sie sich in den Reflektionen von Adolph Luther! Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung für Bewegung und Stillstand, für Raum und Zeit – und für sich selbst!